Montag, 21. August 2006
Blasphemie?
Wenn die 48jährige Rockröhre Madonna vor einem Kreuz steht, einen Kopfschmuck in Form einer Dornenkrone trägt und ein Lied trällert so ist das unter staatsanwaltlichem Vorbehalt – BLASPHEMIE !







Wenn allerdings in Oberammergau unter volksbelehrendem Vorwand ein Mann ans Kreuz gebunden wird, nennt sich dies – PASSIONSSPIELE !



Worin ist der Unterschied zu entdecken? Im Geschlecht oder in der Musik, vielleicht ist es geographisch abhängig was nachgeahmt werden darf und wer nicht?

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Einmal davon abgesehen, daß ich einen derart sinnleeren und verfremdeten Schwachsinn mit Mikrofon vorm Maul nicht als Blasphemie sehen kann, gibt es doch einen ganz klaren Unterschied:

In Oberammergau stellt ein weitgehend unbekannter Schauspieler Jesus dar, Madonna aber nur sich selbst.

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Mag so sein! Aber was soll das erklären?

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Habe ich nicht zumindest einen Unterschied erklärt! Und viel mehr kann ich rein inhaltlich auch nicht dazu sagen. Nur zum Vergleich selbst. Doch dazu wollte ich erst eimal wissen, was er bezwecken soll.

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Der Unterschied zwischen Madonna (ich mag weder ihre Musik noch ihre Shows) und dem Jesusdarsteller in den Alpen erschließt sich mir persönlich nicht – beides ist Schauspiel und Show. Aus diesem Grund der Post.

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So gesehen könnten Sie auch
eine Pilgerreise nach Mekka oder Lourdes mit nem Ballermann- oder Bumsbomber-Trip unter dem gemeinsamen Oberbegriff "Erlebnisurlaub" gleichsetzen.

Es gehört aber schon auch ein wenig Ignoranz dazu, die religiösen Gefühle der Teilnehmer (die man ja nicht notwendigerweise teilen muss), die wie ich finde einen kleinen feinen Unterschied zu einem reinen Show-Spektakel ausmachen, komplett auszublenden.

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So kann ich den
Vergleich nicht sehen, Herr Mark!
Pilger- oder Ballermannreisen haben mit der Frage nach der Unterschiedlichkeit von einer trivialen Show zu einem urigen Volksstück nichts zu tun. Ich sehe sowohl auf der einen Seite ein Bekenntnis zum Kreuz wie auch auf der anderen, das Umfeld ist ein anderes, Ja – nicht die Botschaft.

Ist eine Messe im Mainzer Dom bedeutender oder weniger religiöse Gefühle verletzend, als eine kurze Segnung des herbstlichen Jagdglücks der Waidmänner und Frauen durch den Priester vor der, unter dem Feldkreuz abgelegten Strecke ?

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Der erste Blick sagt mir: Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen. Der zweite läßt mich fragen: Wo ist hier die Blasphemie? Und angesicht dieser Eindeutigkeit und Geschwindigkeit der Einschätzung, zusammen mit der analogen Sicht des Herrn Mark793, finde ich schon: Herr Nicodemus, zunächst müssen Sie erklären, was Sie in beiden Beispielen sehen und vergleichen wollen.

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Ich maße mir kein Mandat oder Richteramt an
in der Frage, wie sich ein Hochamt im Dom oder im Vergleich dazu ein Hubertus-Segen mit religiösen Gefühlen vertragen. Für mich ist beides einigermaßen bizarr.

Um daher wieder die Kurve zu kriegen zu dem Ursprungsposting. Ich kann, Herr Nicodemus, Ihre Diagnose schon nachvollziehen, dass so manche religiöse Veranstaltung mit einem gerüttelt Maß Show-Effekt hantiert. Aber im Fall Madonna darf man wohl unterstellen, dass die Show absolut im Vordergrund steht. Schließlich steht auf dem Ticket und im Veranstaltungskalender ja nicht "religiös-transzendentales Multimedia-Event mit Tanz und Gesang" sondern "Pop-Konzert". Wohingegen beim Hochamt im Dom die Musik-Untermalung durch Orgel und Gesang nicht der zentrale Punkt der Show ist. Diese verweist qua Kontext darüber hinaus auf eine andere Sphäre.

Wie man persönlich zu diesem Unterschied steht und ob man ihn nachvollziehen kann, ist die eine Sache. Wie man willentlich ausblenden kann, dass das für viele Menschen einen entscheidenden Unterschied macht, ist eine andere. Und da vermag ich Ihnen ausnahmsweise nicht so recht zu folgen, Herr Nicodemus.

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Wo ist hier die Blasphemie? Das war meine Frage? Ich erkenne keine blasphemische Handlung! Auch nicht im Sinne einer christlichen Glaubensverunglimpfung.

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Mich als Nicht- Christen stört es natürlich schon, daß immer wieder Motive aus dem Christlichen Sagenkreis in die Popkultur übernommen werden.

Dadurch führe ich mich in meinen religiösen Gefühlen gestört ;o)

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Wegen mir
könnte Blasphemie (die ich in dem Madonna-Auftritt ebenfalls nicht erkennen kann) auch gern völlig aus dem Straftatbestandskatalog gestrichen werden.

Ist denn irgendwo eine Staatsanwaltschaft tätig geworden und wurde überhaupt Klage geführt?

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...unter Vorbehalt eventueller späterer Verfolgung des Straftatbestandes der Blasphemie, wurde das Konzert nicht abgebrochen...
Kommentar der Staatsanwaltschaft.

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Tja,
was soll ne Staatsanwaltschaft mit Blick auf die diffuse Rechtslage auch groß anderes sagen? Bei der Anordnung "unmittelbarer Zwangsmaßnahmen" wie das so schön heißt ist ja behördlicherseits auch immer die Verhältnismäßigkeit der Mittel zu beachten. So gesehen geht das völlig in Ordnung. Den Vorbehalt späterer Strafverfolgung muss man machen, damit aus dem Nichteinschreiten der Staatsorgane kein präjudizierender Blanko-Scheck gemacht wird.

Was ich als Nichtjurist allerdings nicht weiß: ob das ein Straftatbestand von der Schwereklasse ist, bei dem die Staatsanwaltschaft selbst automatisch Klage führen muss - oder ob da das Prinzip gilt, Wo kein Kläger, da kein Verfahren...

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Herr Mark, zu Ihrem Kommentar “Ich maße mir kein Mandat…“: Ich verstehe schon sehr gut was Sie meinen und kann dies auch nachvollziehen. Wir können ja auch sagen ein Gottesdienst ist eine über einen Zeitraum X, durchgehende Veranstaltung zur Preisung Gottes unter den Regeln des Vatikans. Beim Hubertussegen wie beim Madonna Konzert ist es lediglich ein Spot im Rahmen einer anderen Veranstaltung. Wäre ich ein Christ nach dem neuen Testament und würde die geschriebenen Worte und Sätze als wesentlich sehen, so müsste ich den Segen vor der Strecke ebenfalls als blasphemisch empfinden.

Mir geht es nicht darum alles über einen Kamm zu scheren, vielmehr die vielen verschiedenen Möglichkeiten eines Bekenntnisses und sei es noch so kritisch als das zu sehen was es ist, eine persönliche Auseinandersetzung mit dem Glauben.

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"unter den Regeln des Vatikans"
- das wird Herr Wuerg als aufrechter Protestant so nicht stehen lassen. Gottesdienst ist ja kein katholisches Monopol, wie Sie den Hinweisschildern am Ortsrand entnehmen können. ;-) Aber ich verstehe natürlich was Sie meinen.

Um den Madonna-Auftritt in diesem Zusammenhang sinnvoll einzuordnen und abzugrenzen, wäre der Hinweis vielleicht angebracht, dass Gottesdienst und Hubertus-Segen die aktive Anwesenheit geweihten Fachpersonals erfordern. So eine Lattengustl-Mimikry à la Madonna kann von jeder dahergelaufenen Pop-Trulla aufgeführt werden, ganz gleich ob die sich in Anspielung an die Mutter Gottes Madonna nennt oder halt ganz profan Shakira heißt.

Nach meinem Dafürhalten ist es völlig legitim, wenn Madonna die Passion als popkulturelles Zitat verfremdet und aus dem Zusammenhang reißt. Aber diese Mimikry macht diesen profanen Tanz noch lange nicht zu einer Heilshandlung. In der Inszenierung eine persönliche Auseinandersetzung mit dem Glauben zu sehen - ja, kann man machen. Ich erlaube mir indes, ein paar andere Motive als plausibler zu erachten.

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Das Schubladenöffnen verwundert mich zwar ein wenig, sei ´s drum!

Ich habe auch bewusst die Regeln des Vatikans gemeint und nicht die der Protestanten, was unter nachfolgender Anspielung auf Franz von Assisi ersichtlich sein könnte. Es ging mir um die Aufregung im Gebrauch christlicher Symbole und keinen Vergleich wer berechtigter ist sich (an) ein Kreuz (als Schmuck oder Bekenntnis) (um)zuhängen, die meinerseits fälschlicherweise als Rockröhre bezeichnete Madonna oder der Oberammergauer Jesusdarsteller!

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Nun,
irgendwie tue ich mich heute ungewohnt schwer mit Ihren Einlassungen. Sei es, dass Sie heute streckenweise nicht ganz mit der Klarheit und Präzision unterwegs sind, die Ihre Postings und Kommentare sonst so auszeichnen. Oder sei es, dass ich anderweitig abgelenkt bin und auf dem Schlauch stehe. Wie auch immer. Es ging mir nicht so sehr um das Aufziehen von Schubladen, sondern ich bemühte mich lediglich herauszufinden, was Sie heute genau reitet: Geht es gegen den Papst und/oder die organisierte Religion an sich oder gegen die Staatsanwaltschaft samt dem Blasphemieparagraphen? Oder darum, jede religiöse Darbietung auch nur als Show zu sehen wie einen Madonna-Auftritt? Das ging mir heute zum Teil ein wenig zu kunterbunt durcheinander, und ich habe nur versucht, diesem Punkt etwas näher zu kommen.

Dass ich der organisierten Religion sehr kritisch gegenüberstehe, werden Sie ja wissen aus den vielen Diskussionen hier. Trotzdem erlaube ich mir, den Madonna-Auftritt (vor allem den in Rom) für ein inszeniertes Spektakel zu halten, das von vornherein darauf angelegt war, (simplere) christliche Gemüter zu erhitzen und zusätzliche Publicity zu generieren.

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Blasphemie
ist im Zweifelsfall das, was ein Gericht als solche ahndet. Gab es denn Klagen wegen des Madonna-Auftritts?

Meine religiösen Gefühle verletzt diese Nummer ja nicht. Aber ich empfinde sie als ziemlich billig kalkuliertes Bemühen um ein bisschen mehr Publicity - wohl wissend, dass es wohl ein paar gläubige Mitmenschen geben wird, die sowas nicht goutieren. Boah, wie mutig und tabulos. *gähn*

Ich hätte es mutiger gefunden, wenn Madonna in einer Burka aufgetreten wäre oder mit verdrahtetem Sprengstoff-Gürtel um den Leib. Und zwar nicht in Rom, sondern in Mekka, Medina oder Jerusalem. Für die Sorte Eklat ist sie aber anscheinend zu feige und zu weichgespült. Tja, wir werden halt alle älter... ;-)

Nachtrag: Ach ja, eine Pop-Trulla wie Madonna als Röckröhre zu bezeichnen weckt den Verdacht, dass Sie in diesem Genre der Gegenwartskultur nicht so sonderlich sattelfest sind, Herr Nicodemus. ;-)))

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Burka?! Gute Idee!

Oder als afrikanische Flüchtlingsleiche auf dem Wasser treibend, kurz vor den Kanaren?
Israelische Soldatin vor einem Blindgänger?

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Kopfwindel statt Gummidornenkrone würde für den Anfang genügen.

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Oder gar
an einen Sephirot-Baum gebunden, Tetragrammaton aufm Shirt und "Jehoooovaaa" rufend. Das hätte Mumm erfordert.

Aber mich hat Madonna mit ihren inszenierten Pseudo-Tabubrüchen schon immer gelangweilt.

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kreuzigung war in der antike eine ganz konventionelle strafe, die nicht nur christen traf. das erstmal zur sache an sich. die kreuzigung an sich ist nichts also nichts "heiliges", viele andere neben einem gewissen jesus haben dieses kreuz getragen. jesus war es, der als gottessohn dem kreuz eine besondere bedeutung verliehen hat, weil er nach dem einssein (in der ousia) mit dem gottvater eigentlich nicht die kenosis, den menschlichen tod, schmerz und leid hätte durchmachen müssen. er hat es dennoch getan, weil er auch menschensohn war. das mk-evangelium beschreibt ihn z.b. als eine mischung aus göttlichen menschen und mystizistischem gott. sein wesen, seine natur, sein wirken hat dem kreuz in diesem einen speziellen fall eine besondere bedeutung verliehen. das kreuz ist topos von erniedrigung und erhöhung zugleich.
wenn sich nun ein ganz normaler mensch symbolisch an ein kreuz schnallen lässt, ist das so weit von dem damaligen sachverhalt entfernt wie nur irgend vorstellbar. selbst wenn madonna symbolische nähe suchen würde, wäre diese unter theologisch-christologischen gesichtspunkten lichtjahre verfehlt. blasphemie braucht die konkretion. wenn madonna sich ein schild um den hals hängen würde mit "ich bin euer gott, betet mich an", das ernst meinen und eine entsprechende wirkung (die eines falschen propheten -> dtn 13) erzielen würde, sähe das u.u. anders aus, wenn man das alte testament darauf gesetzlich beziehen würde. dann hätten wir einen fall vom blasphemie.
so muss ich bei betrachtung des bilds nur sagen: es sollte hier nicht um theologie, sondern besser um ästhetik diskutiert werden. es schaut nämlich scheiße aus. *g*

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Hüstel ...
Kann mir bitte einer der Mitlesenden sagen, worum es in dem Stück geht, das die Dame da singt? Mit ausgestreckten Armen ein Lied singen reicht m. E. nicht zur Blasphemie. Ausserdem hängt sie nicht an einem Kreuz, die ist ja nicht dumm, die Wahl-Amerikanerin. Allenfalls inerhalb einer "Kreuz-Kontur". Wie auch immer, ob dies geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören wage ich doch zu bezweifeln. Mit einer islamistischen Anspielung (möglicherweise auch jüdischen) hätte sie sich das nicht getraut.

Und was das mit Ober-Ammergau zu tun hat? Madonna will provozieren und damit Geld verdienen, die Ober-Ammergauer rezitieren ihre Kultur. Ob eines von beiden mehr oder weniger geschmackvoll ist bleibt allerdings offen.

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