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Samstag, 24. Januar 2009
Siebenmal Vergeben
goetzeclan, 13:33h
Dieser Text liegt schon lange auf meiner Agenda. Nun, kurz bevor ich hier meinen Zugang wertlos mache, will ich ihn doch noch mit euch teilen.
Wie Albert Schweitzer seinen Schwarzen Matthäus 18:21 auslegte
„Da trat Petrus zu ihm und fragte: Herr, wie oft muß ich denn meinem Bruder, der an mir sündigt, vergeben? Genügt es siebenmal?“
(Matth. 18:21)
Kaum, daß du morgens auf bist und vor deiner Hütte stehst, kommt einer, den alle Leute als bös kennen, und beleidigt dich. Weil der Herr Jesus sagt, daß man verzeihen soll, schweigst du, statt das Palaver zu beginnen.
Nachher frißt dir die Ziege des Nachbarn die Bananen, die dein Mittagessen abgeben sollten. Statt mit dem Nachbarn Streit zu beginnen, sagst du ihm nur, daß es seine Ziege war und daß es gerecht wäre, wenn er dir die Bananen ersetzte. Aber wenn er dann widerspricht und behauptet, es sei nicht seine Ziege gewesen,
gehst du still fort und denkst daran, daß der liebe Gott dir in deiner Pflanzung soviel Bananen wachsen läßt, daß du wegen diesen keinen Streit anzufangen brauchst.
Nachher kommt der Mann, dem du zehn Büschel Bananen mitgegeben hast, damit er sie mit den seinen auf dem Markt verkauft, und bringt dir nur das Geld für neun. Du sagst, das sei zuwenig. Er aber
entgegnet, du hättest dich verzählt und ihm nur neun Büschel mitgegeben. Schon willst du ihm ins Gesicht schreien, daß er ein Lügner ist, da mußt du aber daran denken, wieviel Lügen, die nur du allein kennst, dir der liebe Gott verzeihen muß, und gehst still in deine Hütte.
Beim Feuermachen wirst du dann gewahr, daß dir jemand von dem Holz, das du gestern aus dem Wald geholt hast und das dir für eine Woche zum Kochen genügen sollte, weggenommen hast. Noch einmal
zwingst du dein Herz zum Vergeben und stehst davon ab, bei allen Nachbarn nachzuschauen, wer dein Holz haben könnte, und den Dieb beim Häuptling zu verklagen.
Nachmittags beim Aufbruch zur Arbeit in der Pflanzung entdeckst du, daß einer dein gutes Buschmesser weggenommen und dir sein altes, schartiges an seine Stelle gelegt hat. Du weißt, wer es ist, denn du erkennst das Buschmesser. Da denkst du, daß du viermal verziehen hast und daß du es auch noch ein fünftes Mal fertigbringen willst. Obwohl es ein Tag war, an dem du Unangenehmes hattest, fühlst du dich so froh, als wäre es einer der glücklichsten.
Warum? Weil dein Herz darüber glücklich ist, daß es dem Willen des Herrn Jesus gehorsam war.
Am Abend willst du Fischen gehen. Du langst nach der Fackel, die in der Ecke der Hütte stehen soll, aber sie ist nicht da. Da kommt der Zorn über dich und du denkst, daß du heute genug vergeben hast, und daß du jetzt dem auflauern willst, der mit deiner Fackel zum Fischen ging. Aber noch einmal wird der Herr Jesus Meister über dein Herz. Mit einer beim Nachbarn geliehenen Fackel gehst du ans Ufer hinunter.
Dort entdeckst du, daß dein Boot nicht da ist. Ein anderer ist damit zum Fischfang gefahren. Zornig versteckst du dich hinter einem Baum, um auf den zu warten, der dir dieses angetan hat, und hast vor, ihm bei seiner Rückkehr alle Fische wegzunehmen und ihn
beim Bezirkshauptmann zu verklagen, daß er dir eine Buße zahlen muß, wie es recht ist. Aber während du wartest, fängt dein Herz an zu reden. Immer wiederholt es den Spruch Jesu, daß uns Gott unsere
Sünden nicht vergeben kann, wenn wir den Menschen nicht vergeben. Das Warten dauert so lange, daß der Herr Jesus noch einmal Meister über dich wird. Statt mit den Fäusten auf den andern loszugehen, als er endlich bei Tagesgrauen zurückkehrt und vor Angst
niederfällt, wie du hinter dem Baum hervortrittst, sagst du ihm, daß der Herr Jesus dich zwingt, ihm zu vergeben, und läßt ihn ruhig gehen. Selbst die Fische verlangst du ihm nicht ab, wenn er sie dir nicht freiwillig überläßt. Aber ich glaube, er gibt sie dir, vor lauter Erstaunen, daß du keinen Streit mit ihm anfängst.
Nun gehst du heim, froh und stolz, daß du es über dich gebracht hast, siebenmal zu vergeben. Aber wenn an jenem Tag der Herr Jesus in dein Dorf käme und du vor ihn trätest und meintest, er würde dich vor allen Leuten dafür loben, dann würde er zu dir sagen wie zu Petrus, daß siebenmal nicht genügt, sondern daß du noch einmal siebenmal und noch einmal, und noch einmal und noch viele Male vergeben mußt, bis Gott dir deine vielen Sünden vergeben kann.
Albert Schweitzer
(Aus einem Brief Albert Schweizers aus Lambarene, zitiert nach: Martin Haug, Der gute Weg, Geschichten zu den zehn Geboten, J. F. Steinkopf, Stuttgart 1955, S. 178-180)
Wie Albert Schweitzer seinen Schwarzen Matthäus 18:21 auslegte
„Da trat Petrus zu ihm und fragte: Herr, wie oft muß ich denn meinem Bruder, der an mir sündigt, vergeben? Genügt es siebenmal?“
(Matth. 18:21)
Kaum, daß du morgens auf bist und vor deiner Hütte stehst, kommt einer, den alle Leute als bös kennen, und beleidigt dich. Weil der Herr Jesus sagt, daß man verzeihen soll, schweigst du, statt das Palaver zu beginnen.
Nachher frißt dir die Ziege des Nachbarn die Bananen, die dein Mittagessen abgeben sollten. Statt mit dem Nachbarn Streit zu beginnen, sagst du ihm nur, daß es seine Ziege war und daß es gerecht wäre, wenn er dir die Bananen ersetzte. Aber wenn er dann widerspricht und behauptet, es sei nicht seine Ziege gewesen,
gehst du still fort und denkst daran, daß der liebe Gott dir in deiner Pflanzung soviel Bananen wachsen läßt, daß du wegen diesen keinen Streit anzufangen brauchst.
Nachher kommt der Mann, dem du zehn Büschel Bananen mitgegeben hast, damit er sie mit den seinen auf dem Markt verkauft, und bringt dir nur das Geld für neun. Du sagst, das sei zuwenig. Er aber
entgegnet, du hättest dich verzählt und ihm nur neun Büschel mitgegeben. Schon willst du ihm ins Gesicht schreien, daß er ein Lügner ist, da mußt du aber daran denken, wieviel Lügen, die nur du allein kennst, dir der liebe Gott verzeihen muß, und gehst still in deine Hütte.
Beim Feuermachen wirst du dann gewahr, daß dir jemand von dem Holz, das du gestern aus dem Wald geholt hast und das dir für eine Woche zum Kochen genügen sollte, weggenommen hast. Noch einmal
zwingst du dein Herz zum Vergeben und stehst davon ab, bei allen Nachbarn nachzuschauen, wer dein Holz haben könnte, und den Dieb beim Häuptling zu verklagen.
Nachmittags beim Aufbruch zur Arbeit in der Pflanzung entdeckst du, daß einer dein gutes Buschmesser weggenommen und dir sein altes, schartiges an seine Stelle gelegt hat. Du weißt, wer es ist, denn du erkennst das Buschmesser. Da denkst du, daß du viermal verziehen hast und daß du es auch noch ein fünftes Mal fertigbringen willst. Obwohl es ein Tag war, an dem du Unangenehmes hattest, fühlst du dich so froh, als wäre es einer der glücklichsten.
Warum? Weil dein Herz darüber glücklich ist, daß es dem Willen des Herrn Jesus gehorsam war.
Am Abend willst du Fischen gehen. Du langst nach der Fackel, die in der Ecke der Hütte stehen soll, aber sie ist nicht da. Da kommt der Zorn über dich und du denkst, daß du heute genug vergeben hast, und daß du jetzt dem auflauern willst, der mit deiner Fackel zum Fischen ging. Aber noch einmal wird der Herr Jesus Meister über dein Herz. Mit einer beim Nachbarn geliehenen Fackel gehst du ans Ufer hinunter.
Dort entdeckst du, daß dein Boot nicht da ist. Ein anderer ist damit zum Fischfang gefahren. Zornig versteckst du dich hinter einem Baum, um auf den zu warten, der dir dieses angetan hat, und hast vor, ihm bei seiner Rückkehr alle Fische wegzunehmen und ihn
beim Bezirkshauptmann zu verklagen, daß er dir eine Buße zahlen muß, wie es recht ist. Aber während du wartest, fängt dein Herz an zu reden. Immer wiederholt es den Spruch Jesu, daß uns Gott unsere
Sünden nicht vergeben kann, wenn wir den Menschen nicht vergeben. Das Warten dauert so lange, daß der Herr Jesus noch einmal Meister über dich wird. Statt mit den Fäusten auf den andern loszugehen, als er endlich bei Tagesgrauen zurückkehrt und vor Angst
niederfällt, wie du hinter dem Baum hervortrittst, sagst du ihm, daß der Herr Jesus dich zwingt, ihm zu vergeben, und läßt ihn ruhig gehen. Selbst die Fische verlangst du ihm nicht ab, wenn er sie dir nicht freiwillig überläßt. Aber ich glaube, er gibt sie dir, vor lauter Erstaunen, daß du keinen Streit mit ihm anfängst.
Nun gehst du heim, froh und stolz, daß du es über dich gebracht hast, siebenmal zu vergeben. Aber wenn an jenem Tag der Herr Jesus in dein Dorf käme und du vor ihn trätest und meintest, er würde dich vor allen Leuten dafür loben, dann würde er zu dir sagen wie zu Petrus, daß siebenmal nicht genügt, sondern daß du noch einmal siebenmal und noch einmal, und noch einmal und noch viele Male vergeben mußt, bis Gott dir deine vielen Sünden vergeben kann.
Albert Schweitzer
(Aus einem Brief Albert Schweizers aus Lambarene, zitiert nach: Martin Haug, Der gute Weg, Geschichten zu den zehn Geboten, J. F. Steinkopf, Stuttgart 1955, S. 178-180)
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