Montag, 17. Oktober 2005
Yom Kippur
oder Yom ki’pur ist nun, als weiterer hoher jüdischer Feiertag auch vorbei und man hat es geschafft wieder mal in die Synagoge zu gehen und zu zeigen das man doch noch zu Gemeinde gehört. Es gibt Leute die trifft man nur zu ebendiesem Tag und eventuell noch zu Pesach. In den letzten Jahren begegnet man sehr vielen zugewanderten Israelis und natürlich Leuten die aus dem Osten und Nordosten Europas und Russlands gekommen sind. Die östlichen Zuwanderer sind Juden die vorher noch nie in einer Synagoge waren und ihre Kultur des Jüdischen nur aus Erzählungen kennen. Sie sind auch die Einzigen die dem G*ttesdienst ruhig und mit Bedacht folgen und nicht einzuordnen sind in Liberal, Konservativ, Orthodox und Lubitscher waren vielleicht noch Ihre Großeltern. Es ist jedes Mal schön zu sehen wie sie sich der Handlung hingeben. Auch sprechen und verstehen sie kein Jiddisch, aber es sprich sowieso kaum jemand mehr die Sprache der Groß- oder Urgroßeltern. Damit sie dem Geschehen folgen können werden Blätter in russisch ausgelegt, was alle andern die des Hebräischen nicht mächtig sind aufgebracht hat und nun liegen die Blätter in mehreren Spachen aus.

Bis auf die Zeit während der Ansprache des Rabbis und der Gebete herrscht ein stilles und umso regeres Treiben sowohl bei den Männern als auch auf der Empore bei den Frauen. Kinder laufen durch das G*tteshaus. Die neuesten Nachrichten über Arbeit, Familie und Israel werden ausgetauscht, vom letzten Urlaub erzählt. Die Frauen auf der Empore sind schön wie jedes Mal und es verwundert einem, dass die Töchter ins heiratsfähige Alter gekommen, noch schöner geworden sind. Ihre Augen schweifen über die Köpfe der Männer unten im Saal und leise kichern sie miteinander. Nicht anders verhalten sich die jungen Männer unten die immer wieder einen flüchtigen Blick nach oben in die eine oder andere Richtung werfen, lächeln und versuchen eine der Schönen zu erblicken die vielleicht gerade in dem Moment einen flüchtigen Blick auf sie wirft.

Nicht das die Jungen auf diese Begegnung in der Synagoge angewiesen wären, irgendwie kennen sich alle untereinander durch die Familien, Schule oder Job, aber wann ist es schon möglich die gesamte Gemeinde oder besser den harten Kern der Gemeinschaft auf einem Platz zusehen. Nach dem G*ttesdienst trifft man sich noch in der Laube und auf der Strasse die bewacht von Polizisten so was wie eine unangenehme Sicherheit bildet. Es wird trotz der Ernsthaftigkeit des Feiertags gelacht und überschwänglich erzählt. Vielleicht wird aus diesen jetzigen Begegnungen der paarungsbereiten Jungen ein Paar. Nicht jeder Junggeselle findet ein jüdisches Mädchen und wie sagte eine Freundin „es wird Zeit sich in anderen Gemeinden umzusehen um nicht weiter den genetischen Inzest zu begehen“. Bei Liberal eingestellten Kulturbrüdern und Schwestern ist es kein Problem sich auch mal bei den „Konvertierten“ umzusehen, die Regel ist es jedoch nicht. Nun, wenn auf diesem Weg nichts zu finden ist bleiben noch immer die jüdischen Singlesites im Web, selbst wenn der oder die Willige entfernt in Kanada, Mexiko oder New York leben.

Es tut einfach gut zu fühlen, dass es ein jüdisches Fest ist, die Gelassenheit und Heiterkeit ist in den anderen Religionen und religiösen Feiern denen ich beiwohnen durfte nicht zu spüren. Ich habe noch nie ein trauriges Gesicht gesehen, aber vielleicht auch nur weil ich froh bin wieder irgendwie zuhause zu sein.

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