Sonntag, 8. Juli 2007
Intelligent Falling
Die Theorie des Intelligent Falling basiert auf der Grundannahme, dass Objekte nicht aufgrund von Gravitationskräften am Boden gehalten, sondern vielmehr von einer „höheren Intelligenz“ zu Boden gedrückt werden. Die Argumente, die diese These stützen, sind denen ähnlich, die auch die Vertreter des Intelligent Design benutzen, um durchzusetzen, dass an amerikanischen Schulen Intelligent Design anstelle oder zumindest neben der Evolutionslehre gelehrt werden sollte. *

Das fliegende Spaghettimonster lässt grüßen. Im Übrigen ist das, was mich an der Lehre von "Intelligent Design" stört, gar nicht mal die dahinterstehende Grundannahme. Wohl aber ihr Anspruch auf Wissenschaftlichkeit. Die letzten, die behauptet hatten, sie hätten wissenschaftlich-exakte Erklärungen für den vergangenen und künftigen Weltenlauf, waren übrigens die Marxisten.

Vielleicht sollte in US-Schulen auch wieder mehr historischer und dialektischer Materialismus gelehrt werden...

* Fundstück bei Dave-Kay

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Das von den Marxisten hinterlassene Welterklärungsloch wird gerade mit Kohlendioxyd gefüllt. Man muß auch schon einmal intelligent und damit natürlich anders als die überkommene Wissenschaft denken können! Warum sollten wir nicht nach unten gedrückt statt gezogen werden? Warum sollte Kohlendioxyd nicht warm machen statt wie bisher durch Erwärmung der Meere in die Luft aufzusteigen? Kommt der flache Atlas nicht der Realität näher als der Globus? Mit genügend Glaube im Hirn, Geld in der Tasche und Musik im Arsch ist jede Theorie gut.

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Ja, schon.
Aber wieso bleibt eine Vorstellung eine Theorie, während andere (nicht minder bizarren) Ideen den Sprung in die Religionsliga oder zumindest die Klasse regional vorherrschende Ideologeme schaffen?

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Ist vermutlich nur eine Anschauungsseite.

Als Monotheist findet man vermutlich recht wenig Gefallen an einer Schöpfungsgeschichte, in der der Gott der persönlichen Wahl keine rolle spielt - da kommt dieser kreationistische Gedanke natürlich besser.

Intelligent Falling dagegen dürfte durchfallen, daß ein Gott alleine einfach nicht jedes Objekt zu Boden drücken kann. Das aber würde bedeuten daß dieser Gott Hilfe haben muß - meine Güte, das wäre ja Polytheismus, wie schlimm! Dann entscheiden wir uns hier lieber doch für die Variante, das Gott hier nicht beteiligt ist.

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Naja,
ein alleinherrschender und allmächtiger Gott sollte doch so multitaskingfähig sein, oder nicht? Es müssen ja keine Nebengötter sein, die alles am Platz halten. Engel oder andere niedere Himmelswesen (nicht zu weich gekochte Spaghetti etwa) täten es doch auch...

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Die Marxisten ist sicher nicht richtig. Die vulgärstalinistische Variante, dass trifft es schon eher.

Und was verstehst Du unter Wissenschaftlichkeit?

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In diesem Zusammenhang
verstehe ich Wissenschaftlichkeit zum einen weitgehend synonym mit Naturwissenschaftlichkeit, wenn es um Grundsätze der Hypothesenbildung, Nachprüfbarkeit von Ergebnissen, Widerlegbarkeit etc. geht.

Im zweiten Fall verstehe ich den Begriff so, wie er in der marxistisch-leninistischen Staatsideologie des früheren Ostblocks verwendet wurde. Da wurde ja auch postuliert, Diamat und Histomat würden objektive Befunde und Erklärungen des Weltenlaufs liefern.

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ML-Staatideologie ehemaliger osteuropäischer Prägung halte ich für eben diesen stalinistischen Vulgärmarxismus. Da sind wir uns ja einig.

Grundsätze der Naturwissenschaften sind ein interessantes Gebiet. Es dürfte extrem schwierig, wenn nicht unmöglich sein, derartige, allgemein akzeptierte Grundsätze zu benennen. Empirismus, Falsifikationismus, etc. Ein sehr wackeliger Grund auf dem man sich da bewegt.

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Selbst die Chaos­theorie wird nicht erklären können, warum manche Ansichten ohne Rücksicht auf Wahrheit von breiten Teilen der Menschheit unterstützt werden und andere nicht. Zu seinem evolutio­nären Vorteil neigt der Mensch dazu, erforder­lichenfalls die Zuge­hörigkeit zu einer Gruppe der Wahrheit vorzuziehen, die sich aber trotzdem auf Dauer durchsetzen wird. Moderne Super­toleranz (alles kann, nichts muß) befördert die intellek­tuelle Gleich­gültigkeit und läßt extremen, abartigen und idiotischen Gedanken freie Bahn.

Als ich noch an gewerk­schaftlichen und sozial­demokra­tischen Schulungen teilnahm, zeigten die Leiter schnell die Revisio­nisten­keule vor, wenn man mehr als einmal nachfragte. Deshalb bedauerte ich sie nicht, als sie zehn Jahre später mit der gleichen Selbst­verständ­lichkeit in ein Loch fielen. Und als ich noch Bibel­stunden besuchte, mußte ich keineswegs an Gott glauben. Es reichte, die Platt­heiten der anderen nicht zu hinter­fragen. Die meisten ordnen die Erkenntnis der Anerken­nung durch die Gruppe unter. Besten­falls suchen sie sich eine, die zu ihren Ansichten paßt.

Warum aber gibt es nicht nur Spin­tisierer in Klein­gruppen, sondern auch eine durch­fanatisierte Weltreligion und den neuen Aber­glauben, Kohlen­dioxyd sei ein wesentlicher Verursacher der Erder­wärmung? Wer da nicht mitsingt, ist schnell ein Feind der Umwelt und weit weg von Forschungs­geldern. Ich wäre sofort dabei, ginge es nicht gegen Erder­wärmung, Kohlen­dioxyd oder andere Schein­riesen, sondern für 10 Euro pro Liter Treibstoff.

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@cut:
Freilich liegen die genannten szientistischen Meta-Postulate und Prämissen nicht in einem allgemeinen Kodex vor, auf den sich Forscher explizit einschwören müssten. Kein Mensch, der bei Sinnen ist, wird leugnen, dass die Forschung in allen Disziplinen oft genug unterhalb dieser Standards bleibt. Und davon abgesehen kann ich auch kein Zyklotron nachbauen, um Ergebnisse von CERN oder sonstwem nachzuprüfen.

Der entscheidende Punkt ist aber, dass Naturwissenschaft Hypothesen bildet, die zumindest theoretisch widerlegt werden könnten, während Religion für gewöhnlich ewige und unumstößliche Wahrheiten für sich reklamiert. Für den verblendeten Fanatiker gibt es nur verbohrte Gewissheit, der wirklich denkende Mensch lernt hingegen, auf schwankendem Grund zu leben.

@wuerg: Ich stimme Ihrer Analyse über die Rolle der Gruppendynamik in vielem zu. Auch wenn ich nicht sicher bin, dass "die Wahrheit" sich auf Dauer zwangsläufig durchsetzt. Da müsste ich mit Pontius Pilatus mal wieder fragen; quid est veritas? Oder anders gefragt: Gibt es intersubjektive heuristische Verfahren, mit deren Hilfe wir Schnittmengen zwischen Ihrer und meiner Wahrheit suchen könnten - oder glauben Sie an das unmittelbare Zuteilwerden von Wahrheit? Wo ziehen Sie die Grenze von Glauben und Wissen?

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Natürlich kann keine Aussage verläßlich als Wahrheit eingestuft werden. So Gott uns aber nicht veralbert, gibt es jedoch gute Anhalts­punkte. Einer ist die Seriosität, die Fachkenntnis und der kritische Geist derer, die sie verbreiten. Ein anderer die Verträg­lichkeit zweier, ja aller Wahrheiten miteinander. In der Mathematik halte ich alle Aussagen A->B für wahr, wenn B mit äußerster Sorgfalt unter Anwendung anerkannter Schlüsse aus A abgeleitet wurde. In der Physik halte ich Theorien für zutreffend, die in ihrem Bereich genügend genau die Realität beschreiben. Einfach­heit spricht für die Wahrheit einer Erklärung, Verein­fachung kaum. Erklärungen alltäg­licher Sach­verhalte durch überirdische werden schlichtweg falsch sein. Und wer damit argumen­tiert, daß seine Aussagen nicht widerlegbar seien, belügt zumindest sich selbst. Fordert er auf diese Weise eine Gleichstellung mit harten Fakten, wird er ein Spinner sein. Das sind nur wenige Prinzipien der "praktischen Wahrheits­findung", die Zweifel und Irrtum nicht ausschließen, wie es die Lügner gerne tun. Trotzdem anerkenne ich jede noch so abstruse Ansicht A einer Person P in der Form "P meint A" als absolute Wahrheit.

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"Moderne Super­toleranz (alles kann, nichts muß) befördert die intellek­tuelle Gleich­gültigkeit und läßt extremen, abartigen und idiotischen Gedanken freie Bahn."

Herr Wuerg, die von Ihnen angedeuteten "extremen, abartigen und idiotischen Gedanken" haben ihren Ursprung in extrem intolleranten Zeiten, ja bringen diese möglicherweise geradezu hervor.

"Niemand entgeht der spanischen Inquisition!"
Monthy Pytons Flying Circus,
Folge, äh …

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Ich weiß nicht,
ob man "extreme, abartige und idiotische Gedanken" mit dem Hinweis auf deren Ursprung in intoleranten Zeiten abtun kann. Ich würde Herrn Wuerg ansatzweise darin zustimmen, dass das postmoderne "anything goes" durchaus auch solchen Abartigkeiten die Schleuse öffnet, die nicht in älteren, repressiveren Zeiten wurzeln. Ich möchte das jetzt nicht mit aktuellen Beispielen untermauern und mit Zaunpfählen winken. Denn eigentlich wollte ich noch zu Herrn Wuergs Kommentar anmerken, dass er mir in vielem aus der Seele spricht.

Das Axiom Einfachheit=Wahrheit würde ich zwar in dieser Verkürztheit nicht so ohne weiteres unterschreiben. Aber zumindest kann man mit Ockhams Rasiermesser schon sehr viel unnützes Geistesgestrüpp zurechtstutzen. Und damit komme ich zurück zu der Vereinbarkeit von wissenschaftlichen Methodiken und Intelligent-Design-Glauben: Wenn die Evolutionslehre, so wie wir sie kennen, die Entstehung der Arten erklärt ohne die Zuhilfenahme einer dahinter waltenden Schöpferintelligenz würde ich ihr bis zum Beweis des Gegenteils schon allein deswegen den Vorzug geben, weil sie einfacher ist und mit weniger (nicht beweisbaren) Grundannahmen auskommt. Allein die Tatsache, dass die ID-Theorie mit einer nicht beweisbaren zentralen Meta-Annahme operiert, macht sie streng wissenschaftlich gesehen eigentlich wertlos (im Sinne von unwissenschaftlich). Es ist nur Wissenschafts-Mimikry.

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Das Buch "Über die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der begünstigten Rassen im Kampf um‘s Dasein" sagt nichts über die Entstehung der Arten, sondern über die (mögliche, ja wahrscheinliche) Entwicklung der Arten. Darwins Originaltitel war

"On the Origin of Species by Means of Natural Selection, or The Preservation of Favoured Races in the Struggle for Life"

"Struggle of life" kann man besser mit "Mühe des Lebens" übersetzen, was die Agressivität herausnimmt, aber dem deutschen Verleger wohl nicht reisserisch genug war.

Aber das ist mir auch egal. Die Frage die ich mir Stelle, und die Darwin nicht beantwortet (und alle anderen übrigens auch nicht) ist die, wie aus einem kleinen Kieselstein ein Pantoffeltierchen wurde, oder mit anderen Worten, wie aus unbelebter Natur belebte Natur wurde. Der ganze Kram danach ist unbestreitbar streitbar.

PS: Ach Herr Mark, ich wollte das mit den komischen Gedanken nicht abtun, ich wollte nur darauf hinweisen, dass Supertoleranz keine Vorraussetzung dafür ist. Ich befürchte das Gegenteil, muss aber nicht. Supertoleranz gibt dem Samen IMHO nur den Nährboden, entstehen tun sie an anderer Stelle.

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Danke für die Korrektur,
ich meinte in der Tat "Entwicklung" und nicht "Entstehung". Für mich ist die Evolutionslehre ja auch kein unumstößliches Dogma, das jeden Zweifel daran per se verbietet. Wie ich schon mehrfach dargelegt habe: Wissenschaftlichkeit heißt, dass man Hypothesen bildet, die von besseren Hypothesen widerlegt werden können, durch Versuchsergebnisse oder andere nachprüfbaren Erkenntnisse, was auch immer. In diesem Sinne ist die Evolution als Modell zu verstehen, nicht mehr und nicht weniger. Dieses Modell mag Lücken und Inkonsistenzen aufweisen, aber für dieses Themengebiet haben wir derzeit kein besseres. Und so leid es mir tut: Fliegende Spaghettimonster, Wesen mit Elefantenkopf und Konsorten haben uns in diesem Punkt auch keinen besseren Durchblick verschafft. Ganz im Gegenteil. Man muss leider feststellen, dass die größeren Erkenntniszugewinne der Menschheit nicht mit, sondern oft genug gegen die vorherrschenden Religionen erzielt worden sind. Von daher erscheint es mir in dem von Herrn Wuerg genannten Sinne weiterhin klug, Phänomene, die wir ohne Einwirkung höherer Wesen plausibel erklären können, auch nicht mit sachfremden und komplizierten metaphysischen Prämissen zu überfrachten. Und deswegen bleibt es für mich dabei, dass "intelligent design" nur alter Wein in neuen Schläuchen ist, die nur bedingt für sowas taugen.

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Ihr Gedankenansatz schließt einen Gott aus. Er macht ihn Unmöglich, ausser, er kommt mal vorbei und haut so dermaßen auf den Tisch, das alle es unmissverständlich mitbekommen. Aber selbst dann wird es nach ein paar Jahren Meinungen geben, die das Ereignis als allgemeine Halluzination o. ä. hinstellen, so wie heute Menschen die Konzentrationslager leugnen, die von den Alliierten aufgelöst wurden.

Ist Ihnen das bewusst?

Ach, und noch was: Russels Teekanne, und die möcht ich als Synonym für das rosa Einhorn, das Spagettie-Monster und IF verwenden, also Russels Teekanne hat als Gegenentwurf zu einer Göttlichen-Religion einen unglaublichen Fehler: Sie hat nur Anhänger in der Szene der Spötter. Während Gläubige Menschen durchaus die Religion wechseln, weil sie in der bisherigen Wichtiges vermissen, bleibt die Teekanne ein Spass unter Atheisten. Natürlich, möglicherweise hat Russel einige Menschen von den Religionen entfernt, aber sie glauben dann nicht an die Teekanne. Die Teekanne hat nichts, was sie den Menschen geben könnte. Sie ist unnütz. Ein Gedankenspiel, eine Satire.

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Nein,
und eigentlich kann aus Ihrer Schlussfolgerung nur ableiten, dass ich anscheinend mal wieder der Wand gepredigt habe. Wenn ich sage, man soll nicht versuchen, Dinge mit Gott zu erklären, die man auch ohne große Verrenkungen ohne ihn erklären kann, dann bleibt doch immer noch genug Raum für göttliches Wirken, das Initiieren des Urknalls, Implementierung des Lebensfunkens in der toten Materie, was weiß denn ich. Selbst Einwirkungen höherer Mächte auf mein persönliches mickriges Erdenleben kann und will ich nicht völlig ausschließen. Wann hätte ich je dafür plädiert, Gott ums Verrecken aus allem rauszuhalten? Und das war soweit ich das verstanden habe auch nie die Intention von Herrn Wuerg.

Aber - und damit komme ich nochmal (auch wenns das Restpublikum ermüdet) noch mal auf die Ausgangsfrage zurück, ob metaphysische Grundannahmen wie im sie in der ID-Lehre propagiert werden, mit Wissenschaftlichkeit vereinbar sind. Das ist klar zu verneinen, und damit ist auch m.E. das Postulat dieser Glaubensvertreter haltlos, ihre seltsame Lehre verdiene mit dem gleichen Recht im Wissenschafts- und Schulbetrieb gelehrt zu werden wie die offizielle und konventionelle Naturwissenschaft auch. Da sage ich: Gottesfragen gehören in den Religions-, Ethik- oder Philosophieunterricht und nicht in den Biologiesaal. Punkt.

Wie gesagt: Meinen persönlichen Vorstellungen von Gott tut es keinen Abbruch, dass die gelehrte Fachwelt ihnen das Prädikat "wissenschaftlich" verweigert. Entweder ich vertraue darauf, dass Gottes Geist sich durchsetzt oder eben nicht. Den Supreme Court und andere irdische Instanzen würde ich aber nur bemühen, wenn es mir an Gottvertrauen fehlt. ;-)

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Wenn hier schon so genau zwischen Entstehung und Entwicklung unterschieden wird, darf ich anmerken, daß ich die Super­toleranz nur für die ungehinderte Ausbreitung mitverant­wortlich machen wollte, nicht für die Entstehung abstruser Theorien, denn die von mir aus der Super­toleranz abgeleitete Gleich­gültigkeit erzeugt kaum etwas aus eigener Kraft, läßt aber alles gewähren und sich ausbreiten. Gegen die Entstehung von neuen Gedanken habe ich überhaupt nichts. Ob sie unter Druck zahlreicher entstehen, weiß ich nicht.

Verglichen mit der vermeintlich umstrittenen Evolution bedeutet dies: Ich habe nichts gegen Mutationen, auch wenn sie größtenteils nur Schwächen hervorbringen. Mir mißfällt aber die Lähmung des evolutio­nären Druckes, der zügig die guten Verände­rungen von den schlechten trennt. Gezielte Förderung genetischer Schwächen wird keine Gattung lange überleben lassen.

Doch Mensch und Natur sind hyperstabil. Versagt die Auslese auf einer Ebene, greift eine höhere regulierend ein. Dabei ist es völlig normal und richtig, stark zu übersteuern, um schnell wieder ins Gleich­gewicht zu kommen. So würde mich eine repressive Gesell­schaft als Antwort auf unsere Super­toleranz nicht verwundern. Nach einer weiteren Generation stellen sich dann wieder vernünftige Verhältnisse ein.

Die Wahrheit ist mehr als hyperstabil. Sie mag verschüttet sein, geht aber nicht verloren. Um nicht Genera­tionen auf ihren Sieg warten zu müssen, sollten abstruse Ideen rigoros in ihre Nischen verbannt, besser noch ins Meer abgedrängt werden. Wer glaubt, die Erde sei deutlich jünger als vier Milliarden Jahre, der hat die Plicht, diese These mit mehr als nur einer grund­sätzlichen Möglichkeit, falschen Berech­nungen und Über­legungen zu stützen, bevor er einen Fuß in den Schulhof setzen darf. Und wer wirklich wissen will, wie aus dem Kieselstein ein Pantoffel­tierchen wurde, der muß sich der Forschung verschreiben und nicht dem Fabulieren.

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Erst nach meinem vorangehenden Kommentar habe ich die Kette "Gottesausschluß, auf den Tisch hauen, Halluzination, Konzentrationslager" gelesen. Sie mag als Beispiel für Argumentationen dienen, mit denen immer wieder zu rechnen ist. Ich kann sie nicht akzeptieren, auch wenn sie sich für die Wahrheit einsetzen.

Sollte ein Gedankengang wirklich Gott ausschließen, aber Gott eines Tages für alle sichtbar auf den Tisch hauen, dann ist der Gedankengang eben falsch. Dies für möglich zu halten, falsifiziert gar nichts. Selbst wenn es richtig ist, daß die Vertreter einer gottlosen Theorie den Schlag auf den Tisch als Halluzination abtun würden, ändert sich nichts an der derzeitigen Einschätzung der Güte dieser Theorie.

Und was reibt so sehr auf, daß Bertrand Russel ein Agnostiker war? Ist das nicht ein vernünftiger Standpunkt? Schließt er damit Gott aus? Ich habe es schon einmal geschrieben: Durch die Lektüre des Buches "Warum ich kein Christ bin" wurde ich zu einem gläubigen Menschen, der stolz darauf ist, dies aus Überlegung und nicht durch Nachplappern oder psychische Überwältigung geworden zu sein.

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Unter den Agnostikern zu landen
ist für den wahren Suchenden (nämlich den, der auch denkt dabei und nicht nachplappert, was ihm andere einflüstern) gewissermaßen eine notwendige Durchgangsstation. Insofern kann ich den Weg von Herrn Wuerg sogar sehr gut nachvollziehen.

Im Übrigen, Herr Götze, ist es auch ein Riesenunterschied, ob ich Agnostiker bin und damit der Möglichkeit, dass Gott ja doch existiert, eine reale Chance gebe oder ein Atheist, der unumstößlich glaubt, dass es keinen Gott gibt. Diesen Unterschied scheinen Sie noch nicht ganz verstanden zu haben.

Und zwischen der Leugnung der Konzentrationslager und der Leugnung der Existenz Gottes besteht ja wohl ein qualitativ himmelweiter Unterschied. Ich verkneife es mir, das näher auszuführen.

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… ach ja, ich vergesse immer das man damit ja nichts vergleichen darf und kann und soll, auch wenns gerade gut passt, aber sowas tut man ja nicht, aber das vergesse ich immer …

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Ich habe nichts dagegen, wenn man damit vergleicht. Nur gepaßt hat es leider gar nicht!

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