Samstag, 11. Februar 2006
Es gibt keinen Gott!
…sagte mir vor mehr als zwei Jahren Sami, ein Holocaust Überlebender, auf meine Frage wie er zu Gott steht, nach dem was er gesehen und am eigenen Leib erlebet hat. „Ein Gott der das zulässt ist nicht besser als unsere Peiniger und Mörder, ist nicht Jahwe der Juden, nicht Gott der Christen und nicht Allah der Muslime…..er ist ein machtbesessener Narzisst dem jedes Mittel zum Beweis der Macht recht ist“. Obwohl ich Sami über Jahre als einen, dem jüdischen Kulturkreis sehr verbundenen Menschen kannte, hatte ich nach seiner Erläuterung im ersten Moment meine Entfernung von ihm gespürt. Sami starb einige Monate nach unserem Gespräch und wie es jüdischer Brauch ist, saßen die Freunde und Verwandten nach der Grablegung in seiner Wohnung zur „Shiwa“ und unterhielten uns über sein Leben und seine Leiden die er ertragen hat - nicht nur - auch sprach man über die Freuden die dieser lebenslustige kleine Mann in seiner Umgebung großzügig verteilt hat. An einem dieser Abende saß ich für mich allein und überlegte was Sami wohl drüben in der anderen Welt macht und zu erzählen hat, ob er Gott zur Rede stellt. Mir fiel unser Gespräch ein und seine Meinung zu Gott, unvermittelt tauchte in mir die Frage auf „Was für ein Bild hatte Sami von Gott?“. Ein Bild dass, das Universum in seiner Gesamtheit beinhaltete, sozusagen die göttliche Formel oder ein Bild von einem bärtigen, kräftigen, teils auch liebevollen Alten der vor tausenden Jahren das Volk Israel aus der Knechtschaft des göttlichen Pharao führte um diese in die eigene Knechtschaft zu überbringen?

Samis Gott war für ihn, wie für hunderttausende Juden, eine das lebendige und lebhafte zerstörende Macht der niemand gerecht werden kann, weder Kinder noch Alte, nicht die Guten und nicht die Bösen.

Warum verbinden wir Gott immer mit etwas Gutem, etwas Weißem, dem Großen und Ganzen? Wir wissen aus dem alten Testament (Thora) das er nicht scheut zu töten, sich zu rächen und ganze Völker zu peinigen wenn sein Wille (oder Launen) nicht geschiet. Jesus, der Sohn Gottes ist er das Gute, das Menschliche? Ist er die Verkörperung des allumfassend Positiven die Gott nicht sein kann? Dieser „Messias“ aus der Pein und Not von Krieg und Unterdrückung geboren, kommt er den Menschen dadurch näher? Oder ist seine Macht nur das geschriebene Buch einer menschlich gedachten Gerechtigkeit die sehr flüchtig ist, so flüchtig das auch Christen von Elend und Ungerechtigkeit angestoßen, wegsehen als ob es nicht um Brüder und Schwestern, um Nächstenliebe geht?

... comment

 
Mir war dieser Jahwe
wegen seiner gräßlichen Gräuelgeschichten aus dem alten Testament schon immer sehr suspekt. Diese krankhafte Eifersucht, diese ganze Raserei gegen irgendwelche Nachbarvölker und die endlose Serie der Grausamkeiten gegen das eigene, auserwählte Volk. Nicht wirklich eine positive Figur. Kein Wunder, dass Gnostiker und Manichäer der Auffassung waren, der Gott, der diese unperfekte Welt verbrochen hat, könne wohl kaum der höchste Gott sein. Der Dreh des Christentums, diesem Jahwe mit Hilfe der Menschwerdung eines Messias liebevollere Züge zu verleihen, war ein netter Versuch. Aber die Vorstellung, dass Gott ganz toll, gut und perfekt zu sein hat, ist eigentlich ziemlich kindisch, wenn man mal anfängt, wirklich drüber nachzudenken...

... link  


... comment
 
Ähnliche Gedanken habe ich mir auch schon gemacht.

Nach psychologischen Vorstellungen dürfte man diesen Gott, der sich ja nichtmal scheut, in die Bettgeschichten seiner Anhänger regelnd einzugreifen, mit der Beschreibung 'Soziopath' am Ehesten beschreiben.
Sollte es also wirklich passieren, daß irgendwann der Herr Gott vor uns steht, wäre das noch lange nicht das Ende aller Fragen, sondern wohl eher erst ihr Anfang.
Nach dem Ersten Freudentaumel und 'Wir sind Gott' - Schlagzeilen in allen Boulevardblättern wird sich auch eine Franktion finden, die für demokratische Reformen der Zehn Gebote eintritt.

... link  

 
Wenn es einen Gott gibt, dann wäre es nicht unbedingt schlecht, wenn er in Bettgeschichten eingriffe, denn nur selten handelt es sich um eine Angelegenheit, die allein die darin direkt körperlich verwickelten Menschen betrifft. Er tut es aber nicht, jedenfalls nicht erkennbar. Wahrscheinlich verwechseln Sie ihn mit dem Papst.

Sollte ein solcher Gott sich zeigen, so muß es in der Tat nicht das Ende aller Fragen sein. Gibt es ihn aber nicht, so kommt es gewiß.

... link  


... comment
 
…für mich ist der Übergang vom Alten Testament zum Neuen Testament sehr überraschend. Ein Messias, es war nicht der Erste, verändert das Verhaltensbild der Gläubigen. Ging es im Alten Testament noch Zahn um Zahn, Auge um Auge wird nun der Verhaltenkodex zum Wangehinhalten und Feindesliebe. Einerseits der gestrenge und teils auch sehr negativ menschliche Gott und andererseits ein, die höheren Werte wie Liebe und Teilen vertretender Messias.

Wenn man die politischen und militärischen Voraussetzungen zu Zeit der Geburt von Jesus betrachtet, verwundert diese Haltung umso mehr. Die jüdische Justiz unter den Römern war durch Korruption und Vetternwirtschaft keineswegs eine für Juden „milde“ Legislative und Exekutive, im Gegenteil. Diejenigen die neue Wege unter dem Druck der Besatzung zum Umgang mit den Römern und den eigenen aufgebrachten Leuten suchten wurden als Feinde angesehen und meist auch zum Schweigen gebracht. Psychologisch gesehen ist es Interessant nicht den alttestamentarischen Weg der Gewalt zu beschreiten, vielmehr einen stillen Widerstand im Sinne von Liebe zueinander zu leisten. Das der Zeitpunkt für einen Messias der richtige war, ist nicht von der Hand zu weisen, als der Sohn Gottes und ein Leidtragender der Zeit ist er dennoch schwer mit dem väterlichen Stamm vergleichbar.

... link  

 
Dann könnte man
ja Jesu Wirken durchaus ein Stück weit als jugendliche Rebellion gegen den alttestamentarischen Style vom alten Jehovah auffassen. So wie die Hippie- und 68er-Bewegung gegen alte Spießer und Nazis rebellierte (OK, der Vergleich hinkt natürlich, aber Sie wissen, wie ichs meine). So gesehen passt es durchaus zur Prämisse der Gottessohnschaft Jesu, die für mich aber aus anderen Gründen eher wenig Sinn macht. Nichtsdestoweniger finde ich vieles, was dieser Jesus gelehrt hat, nach wie vor ziemlich sensationell.

... link  

 
ein gottesbild ist immer subjektiv und stark geprägt von persönlichen, familiären und kulturellen kontexten. auch der, der sämtliche werke des goteswortes (bibel, koran, apokryphen, bhagavadgita u.a.) gelesen hat, wird sie immer nur mit seinem ganz eigen blick sehen und dadurch sein gottesbild (auch ein nichtsexistentes) konzipieren.

... link  

 
ich hätte da gerne mal ein Problem,
ist ein "Gottesbild" etwas anderes als ein "Gott"?

... link  

 
Probleme ham wer grad nich, sorry.
Das Gottesbild (das steht in dem Kommentar ja auch drin) ist eine kollektive oder individuelle Vorstellung von Gott. Ein kluger alter Grieche hat mal gesagt: Eine Kuh wird sich ihren Gott nicht anders als kuhartig vorstellen können. Und so reflektiert der Begriff Gottesbild zweierlei:

- dass es unterschiedliche Vorstellungen von Gott gibt

- und dass die nicht notwendigerweise damit übereinstimmen müssen, wie Gott tatsächlich ist - so er denn überhaupt existiert und nicht nur eine fixe Idee ist.

So gesehen müssen wir davon ausgehen, dass zwischen Gott und dem Gottesbild ein erhebliches Abweichungspotenzial liegt. Beantwortet das Ihre Frage?

... link  

 
Naja, die Frage von Herrn Götze ist nicht so ganz von der Hand zu weisen. Wenn er mit „Gottesbild“ nicht nur eine gedankliche Vorstellung sondern auch eine zwei- oder dreidimensionale Darstellung meint, dann kann man seine Frage mit einem eingeschränkten JA beantworten. Denken wir an die orthodoxen Ikonen oder die Darstellungen der Buddhisten, alten Griechen und Römer usw., ebenso die wunderwirkenden christlichen Orte, Statuen oder Bilder. Hier wird die Darstellung stellvertretend angebetet. Sich ein Bild von Gott zu machen ist menschlich da begreifbar, auch für uns auf- und abgeklärte Zeitgenossen.

...eine Menge Bachlinks für ein uninteressantes Thema...

... link  

 
Interessanter Punkt,
den ich gar nicht auf dem Schirm hatte. Für die Frage nach der Differenz zwischen Gottesbild und Gott macht es nach meinem Dafürhalten aber keinen grundsätzlichen Unterschied, ob wir Gottesbild als gedankliche Vorstellung oder als bildlich-materielle Darstellung auffassen. Die ist ja auch ein sichtbarer konkreter Ausdruck einer Vorstellung, die der Ikonenmaler oder Bildhauer oder Schnitzer versucht in Farbe, Stein oder Holz umzusetzen. Von daher müssen wir also in beiden Fällen duchaus davon ausgehen, dass es Unterschiede gibt zwischen Gottesbild und Gott. Ich sehe uns da also keineswegs im Widerspruch... ;-)

... link  

 
...noch ein Gedanke,
Eine Wandlung der Gottheit bzw. der Götter konnte (bis zur allgemeinen Schulpflicht) nur durch Darstellungen der breiten Masse vermittelt werden. Wenn eine ursprünglich weibliche Gottheit nun patriarchal gewandelt werden sollte, geschah dies mit imposanten Plastiken und teils mit Malerei. Das Bild vom weiblich göttlichem wurde über das göttliche Paar und Hermaphroditen, hin zum männlichen Gott visuell transferiert. Insofern ist die Annahme, das Darstellungen Gott ermöglichen ebenso richtig wie umgekehrt.

... link  

 
Für mich ist dies der fundamentale Unterschied:

- Ein Gott ist unabhängig von einem Gottesbild

Ich bemerke häufig wie Menschen über "Gott" sprechen, aber das "Gottesbild" gemeint ist. Wie kann der Mensch aber herausfinden, ob sein Gottesbild mit Gott identisch ist?

... link  

 
Diese Gleichung
ist mit menschlichen Mitteln wohl nicht zu lösen. Zu groß bleibt der unbekannte Rest, der sich dem beschränkten Verständnis des Menschen entzieht.

Es besteht ja mangels eines stringenten Gottesbeweises nach wie vor das Restrisiko, dass hinter den ganzen Bildern gar nichts reales steckt, und dass alle Gott-Geschichten nur Ammenmärchen sind. Da nun nicht alle Gottesbilder, die weltweit im Umlauf sind, gleichzeitig stimmen können, müssen wir leider davon ausgehen, dass da ein paar falsche Fuffis im Umlauf sind. Wenn sich der "richtige" Gott so einfach und eindeutig erkennen ließe, dann würde ja wohl auf der ganzen Welt nur die einzige wahre Religion existieren, oder?

... link  

 
@ Herr Mark: Das ist auch eine Frage nach dem Absolutheitsanspruch einer oder eines Göttlichen. Das sogenannte „Restrisiko“ bestimmt Unterschiede in den Kulturen und Wertvorstellungen. Ist etwas nicht eindeutig beweisbar so lässt es die Vielschichtigkeit der Deutung zu. Solange eine Auslegung nicht mit einer anderen korreliert ist es eine gegenseitige Befruchtung.

Was würde eine einzige Glaubensrichtung bringen? Weniger Auseinandersetzungen? Weniger Feindschaften? Die Historie zeigt das ein, auf einen Kulturkreis bezogenes Gottesbild allein nicht reicht um Frieden zu erhalten bzw. zu stiften. Der gute Luther hat auch nur versucht das geschriebene Gottesbild ein wenig in seine Ursprünge zurück zu führen und damit Gott als „menschlichen Machtfaktor“ in seiner Absolutheit zu nivellieren.

Der Bedarf an Höherem und damit auch Verantwortlichem bzw. Schicksalhaftem ist dem Menschen eigen, vielleicht auch weiteren Lebewesen. Somit ist der Glaube eine psychologische Klammer zwischen dem Schicksal, dem Unausweichlichen und der Kraft des Lebens. Das Bild vom Weiterleben im Jenseits ist lediglich die fehlende Akzeptanz des Endlichen und die Angst davor. Letztendlich glauben alle an das Gleiche – in unterschiedlicher Form.

@ Herr Götze: wie ist der Unterschied festzuhalten – zwischen dem Bild und dem Göttlichen? Sich die Unendlichkeit des Universums vorstellen ist ein Ding der Unmöglichkeit, ebenso Gott. Der Koran (als Beispiel) verbietet den Gläubigen sich ein Bild von Gott zu machen und dennoch verfasst Mohamed seine Suren im Bezug auf einen männlichen bärtigen Gott. Ich will damit sagen das der Glaube früher oder später in der Vermittlung ein Bild braucht, nicht unbedingt einen Beweis.

... link  

 
Ich sage ja nicht,
dass eine einzige Glaubensrichtung "etwas bringen" würde in dem Sinn, dass die Welt dann besser wäre. Da ich wie schon mehrfach hier ausgeführt nicht der Meinung bin, dass wir über "Gott an sich" nicht allzuviel wissen können, empfinde ich die Vielfalt der menschlichen Vorstellungen zu diesem Thema eher als Bereicherung denn als Einschränkung.

Wenn ich Herrn Götze richtig verstanden habe, dann vertritt er ja im Gegensatz zu mir die Auffassung, dass sich über "Gott an sich" sehr wohl einiges wissen läßt - zumindest genug, um Gottesbild und Gott klar auseinanderzuhalten. Mich würde brennend interessieren, wo der Kollege hier den Trennstrich zieht.

... link  

 
Wer nicht nur zwischen Gott und dem Bild unterscheiden kann, sondern auch noch der Meinung ist, die vielfältigen Bilder der Menschen und der Kühe wiesen auf einen einzigen Gott, der wird sich doch mit realen Darstellungen zurückhalten und niemals auf die Idee kommen, einen Götzen oder Marienstatuen anzuflehen. Ein gewisses Abstraktionsvermögen ist für einen ordentlichen Glauben schon erforderlich, wenn er der Ankunft von Außerirdischen standhalten soll, deren Rücksicht auf primitivere Formen mehr von Artenschutz denn von Theologie geprägt sein wird.

... link  


... comment